Plattformarbeit – was eine EU-Richtlinie ändern soll
Die EU will demnächst eine neue Richtlinie verabschieden: die Richtlinie zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit. Sie betrifft die Plattformarbeit, also Dienstleistungen, die Menschen über eine digitale Plattform (unter Einsatz automatisierter Überwachungs- oder Entscheidungssysteme) verrichten. Mit der Plattformrichtlinie soll sichergestellt werden, dass Personen, die Plattformarbeit leisten, vertraglich korrekt eingestuft und in ihren Rechten gestärkt werden.
Plattformarbeit
Seit der Corona- Pandemie hat ein digitaler Wandel stattgefunden bzw sich rasend verstärkt, der zu einer Vermehrung digitaler Arbeitsplattformen beigetragen hat. Der Begriff der Plattformarbeit umfasst sowohl lokale Dienstleistungen, die digital vermittelt werden, als auch digitale Dienstleistungen.
Es braucht gewisse Regelungen, um Personen, die Plattformarbeit leisten, vor den Gefahren, die diese Arbeit mit sich bringen kann, zu schützen. Doch um welche Gefahren handelt es sich?
Was sind die Probleme?
Zum einen wird der Beschäftigungsstatus der Betroffenen oft falsch bestimmt, da sich die Plattformen überwiegend nicht als Arbeitgeber, sondern als Vermittler von Arbeit ansehen (wollen). Daher werden Arbeitnehmer häufig als Selbstständige eingestuft und profitieren dadurch nicht mehr von den arbeitsrechtlichen Schutzbestimmungen eines Dienstverhältnisses, wie einem festgesetzten kollektivvertraglichen Mindestlohn bzw -gehalt oder etwa auch Urlaub sowie Arbeitszeitbestimmungen.
Außerdem können die von Plattformen eingesetzten automatisierten Überwachungs-, Bewertungs- und Entscheidungssysteme (sogenanntes “algorithmisches Management”) unangenehme Auswirkungen für die betroffenen Beschäftigten haben. Es mangelt an Transparenz und an einem wirksamen Zugang zu Rechtsmitteln gegen Entscheidungen solcher Systeme. Diese Probleme können sowohl zu schlechten Arbeitsbedingungen als auch zu unzureichendem Zugang zu sozialem Schutz beitragen.
Änderungen durch die EU-Richtlinie
Die Ziele der Richtlinie sind vielfältig: Nicht nur die Arbeitsbedingungen, sondern auch die sozialen Rechte der Betroffenen sollen verbessert werden. Außerdem wird auf die Förderung der Bedingungen für nachhaltiges Wachstum dieser Plattformen in der Union abgezielt.
Wie sollen diese Ziele erreicht werden?
Die Richtlinie enthält Regelungen zur korrekten Bestimmung des Beschäftigungsstatus, eine diesbezügliche gesetzliche Vermutung und Vorgaben für algorithmisches Management, aber auch Informations- und Schutzrechte.
Um den Beschäftigungsstatus von Personen, die Plattformarbeit leisten, zu bestimmen, müssen die EU-Mitgliedstaaten entsprechende Verfahren bereitstellen. Dafür wird – wie in Österreich ohnehin auch bereits jetzt für eine solche Beurteilung der Fall – auf die tatsächlichen Verhältnisse, und nicht auf die vertragliche Bezeichnung abgestellt.
Eine weitere Bestimmung, welche zum Schutz der Beschäftigten beitragen soll, ist die Vermutung, dass ein echtes Arbeitsverhältnis vorliegt, sofern Tatsachen auf Kontrolle und Steuerung hindeuten. Die digitale Arbeitsplattform kann diese gesetzliche Vermutung widerlegen, indem sie nachweist, dass ein Vertragsverhältnis kein Arbeitsverhältnis ist. Die Vermutung soll (zumindest) in allen Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren, die den Beschäftigungsstatus betreffen, gelten.
Ergänzend dazu sollen zur Ermöglichung besserer Kontrolle Melde- und Informationspflichten gegenüber nationalen Behörden über Plattformbeschäftigte und Personen, die Plattformarbeit leisten, vorgesehen werden.
Außerdem enthält die Richtlinie auch Vorschriften zum algorithmischen Management. Diese gelten überwiegend unabhängig von der Einordnung der Plattformarbeit leistenden Personen als Selbstständige oder Arbeitnehmer. Vorgesehen sind hier beispielsweise Verbote zur Verarbeitung bestimmter personenbezogener Daten. Weiters sollen automatisierte Überwachungs- oder Entscheidungssysteme nicht in einer Weise eingesetzt werden dürfen, die übermäßigen Druck auf (unselbstständige) Plattformbeschäftigte ausübt, oder ihre Sicherheit und körperliche/psychische Gesundheit gefährdet. Schließlich darf auch keine Person, die für eine Plattform arbeitet, aufgrund einer Entscheidung gekündigt oder entlassen werden, die ein Algorithmus trifft. Entscheidungen dieser Art müssen von Menschen getroffen werden. Andere von einem automatisierten Entscheidungssystem getroffene oder auch nur unterstützte Entscheidungen werden stärker kontrolliert – sie sind zu begründen und auf Ersuchen zu überprüfen.
Die Richtlinie sieht zusätzlich Informations- und Unterrichtungspflichten betreffend algorithmisches Management gegenüber allen Personen vor, die Plattformarbeit leisten oder sich in einem Einstellungs- oder Auswahlverfahren befinden. Dies soll die Transparenz der Plattformarbeit fördern.
Schließlich wird ein Motivkündigungsschutz für Personen, die Plattformarbeit leisten, geschaffen. Es braucht also hinreichende Gründe für die Kündigung bzw Beendigung.
Fazit
Die Mitgliedstaaten müssen die Richtlinie binnen zwei Jahren ab ihrem – noch ausstehenden – Erlass in nationales Recht umsetzen. Digitale Arbeitsplattformen haben dann keine andere Wahl, als ihre Systeme zu überprüfen und insbesondere auf die Einhaltung der Informationspflichten zu achten, wenn sie empfindliche Strafen vermeiden wollen.
Kontakt
Dr. Patricia Burgstaller │ patricia.burgstaller@bpr.at │ +43 1 532 85 80 │ LinkedIn