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Neue Form der Mitarbeiter-Beteiligung bei Start-ups

Nach jahrelangem Ringen wurde kürzlich das Start-up-Paket, bestehend aus Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetz 2023 und Start-up-Förderungsgesetz, in Begutachtung geschickt. Zentraler Inhalt des Start-up-Pakets ist die Einführung der Flexiblen Kapitalgesellschaft („FlexKap“), die vor allem die besonderen Bedürfnisse von Start-ups und anderen innovativen Unternehmen berücksichtigen soll.

Zu den wesentlichen Eckpunkten der FlexKap gehören neben der Senkung des Mindeststammkapitals auf EUR 10.000, der Erleichterung von Umlaufbeschlüssen, der Anteilsübertragung ohne Notariatsakt und flexiblen Kapitalmaßnahmen (z. B. genehmigtes Kapital) insbesondere eine größere Flexibilität bei der Beteiligung von Mitarbeitern über sogenannte Unternehmenswert-Anteile.

Attraktiv für Fachkräfte

Gerade der letzte Punkt ist aus Sicht der Mitarbeitergewinnung und -bindung besonders relevant. Häufig sind Start-ups nämlich nicht in der Lage, marktübliche Vergütungen für dringend benötigte, hochqualifizierte Mitarbeiter in Geld zu leisten. Um für Fachkräfte dennoch attraktiv zu sein, erfolgt in der Regel eine Beteiligung am (erhofften) wirtschaftlichen Erfolg. Dabei wird in erster Linie an den Fall eines „Exits“, also an den gewinnbringenden Verkauf des Unternehmens an Investoren gedacht; eine Beteiligung am (anfangs regelmäßig nicht vorhandenen oder nur sehr geringen) laufenden Gewinn steht demgegenüber im Hintergrund. Eine Teilhabe an der Willensbildung der Gesellschaft ist in den meisten Fällen nicht gewollt.

Unternehmenswert-Anteile

Bei der FlexKap wird mit den Unternehmenswert-Anteilen eine auf diese Bedürfnisse der Praxis zugeschnittene Beteiligungsform vorgesehen, bei der die eingeschränkten Rechte aus der Gesellschafterstellung durch ein deutlich reduziertes wirtschaftliches Risiko kompensiert werden. Die Ausgabe von Unternehmenswert-Anteilen ist mit 25 % des Stammkapitals begrenzt. Der Mindestnennbetrag beträgt 1 Cent.

Unternehmenswert-Anteile gewähren ein Teilnahmerecht an der Generalversammlung und eine Beteiligung am Bilanzgewinn sowie am Liquidationserlös. Es gibt grundsätzlich kein Stimmrecht (außer bei Eingriffen in die gesellschaftsvertraglich zugesicherte Rechtsposition) und kein Recht zur gerichtlichen Beschlussanfechtung. Das wirtschaftliche Risiko ist auf den Wert der Anteile beschränkt; Nachschusspflichten, Inanspruchnahmen im Konkursfall oder Ausfallshaftung für uneinbringliche Stammeinlagen sind ausgeschlossen.

Zwingende Schutzrechte

Als Schutzmechanismen für Mitarbeiter werden außerdem zwingende Mitverkaufsrechte (z. B. wenn die Gründungsgesellschafter ihre Geschäftsanteile mehrheitlich veräußern), Informations- und Einsichtsrechte sowie umfassende Belehrungspflichten vorgesehen. Zwei Wochen vor der erstmaligen Übernahme oder dem erstmaligen Erwerb eines Unternehmenswert-Anteils müssen die Mitarbeiter über die Natur des Unternehmenswert-Anteils und die wesentlichen Punkte des Gesellschaftsvertrags in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht belehrt werden. Dazu gehören neben einer Erläuterung der konkreten Voraussetzungen für den Erwerb der Anteile („Vesting“) und der Veräußerungsmöglichkeiten insbesondere auch die Erläuterung der steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Rahmenbedingungen.

Steuerliche Erleichterungen

Das Start-up-Paket nimmt auch die steuerlichen Hürden für Mitarbeiterbeteiligungen ins Visier. Bisher mussten Start-ups ihre Anteile zum Zeitpunkt der Abgabe bewerten, damit diese versteuert werden konnten. Das war kostenintensiv und aufwendig. Dieses Problem entfällt künftig. Außerdem mussten die Mitarbeiter beim Erhalt eines Unternehmensanteils Steuern bezahlen, obwohl noch kein Geld geflossen ist („Dry-Income“). Auch dieses Problem wird nun gelöst. Das Start-up-Förderungsgesetz ermöglicht künftig einen Besteuerungsaufschub bis zur tatsächlichen Veräußerung der Anteile (oder dem Überschreiten einer Beteiligungsquote von 10 %), sodass Steuern erst dann bezahlt werden müssen, wenn auch Geld fließt.

Vereinfachte Pauschalregelung

Die Besteuerung bei den Mitarbeitern erfolgt in weiterer Folge – abhängig von der Dauer des Dienstverhältnisses und dem Zuflusszeitpunkt – vereinfacht durch eine Pauschalregelung. Der Erlös wird zu drei Vierteln, wie Kapitalerträge, mit 27,5 % besteuert. Der Rest fällt unter den Lohnsteuertarif. Flankierend wird im Start-up-Förderungsgesetz auch eine Begünstigung für die Sozialversicherung sowie bei den Lohnnebenkosten verankert. Um diese Begünstigungen der Mitarbeiterbeteiligung nutzen zu können, darf ein Unternehmen maximal 40 Millionen Euro Umsatz machen, maximal 100 Arbeitnehmer beschäftigen und maximal zehn Jahre alt sein.

Neue arbeitsrechtliche Herausforderungen

Es bleibt abzuwarten, in welcher Form das Start-up-Paket letztendlich beschlossen wird. Jedenfalls bringen die FlexKap und insbesondere die Mitarbeiterbeteiligung durch Unternehmenswert-Anteile neue arbeitsrechtliche Herausforderungen für Arbeitgeber mit sich.

Für weitere Informationen stehen wir gerne zur Verfügung.

Kontakt

Dr. Patricia Burgstaller │ patricia.burgstaller@bpr.at │ +43 1 532 85 80LinkedIn