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Kontaktaufnahme während des Krankenstandes – Was ist erlaubt?

Arbeitgeber sind regelmäßig mit der Frage konfrontiert, ob sie Arbeitnehmer, die sich im Krankenstand befinden, kontaktieren dürfen. Dies kann etwa dann erforderlich sein, wenn der Arbeitgeber keinen Zugriff auf bestimmte Informationen (zB Notizen des erkrankten Arbeitnehmers) hat und diese dringend benötigt. Ob eine Kontaktaufnahme während des Krankenstandes zulässig ist und welche Rahmenbedingungen gegebenenfalls dabei zu beachten sind, erfahren Sie im folgenden Beitrag:

Kein Verbot der Kontaktaufnahme

Es gibt kein Verbot der Kontaktaufnahme durch den Arbeitgeber während der Arbeitsunfähigkeit. Das bedeutet jedoch nicht, dass Arbeitnehmer dem Arbeitgeber während einer Arbeitsunfähigkeit immer und jederzeit zur Verfügung stehen müssen. Ist nämlich der Arbeitnehmer aufgrund der Erkrankung nicht zur Erbringung der Arbeitsleistung verpflichtet, muss er grundsätzlich auch damit in Verbindung stehende Informationen nicht erteilen. Für den Auskunftsanspruch des Arbeitgebers müssen daher bestimmte Voraussetzungen vorliegen.

Treuepflicht

Ob der Arbeitnehmer zur Auskunft verpflichtet ist, ist anhand der Treuepflicht zu beantworten. Die Treuepflicht – als Pendant zur Fürsorgepflicht des Arbeitgebers – wird nicht gesetzlich definiert, sondern aus verschiedenen Gesetzesstellen, etwa § 76 GewO 1859 oder § 27 Z 1 AngG, abgeleitet. Grundsätzlich verpflichtet die Treuepflicht Arbeitnehmer zwar nur dazu, betriebliche Interessen nachteilig beeinflussende Handlungen zu unterlassen. Ausnahmsweise wird jedoch aus der Treuepflicht auch die Pflicht zu einem positiven Tun abgeleitet, etwa dann, wenn er den Arbeitgeber vor drohenden Schäden warnen oder zur Beseitigung von eintretenden Schäden beitragen kann. In solchen Fällen kann der Arbeitnehmer in einer Ausnahmesituation an sich nicht geschuldete Dienste zu leisten haben. In diesem Sinn hat der OGH ausgeführt, dass Arbeitnehmer im Krankenstand unter bestimmten Umständen dazu verpflichtet sind, dem Arbeitgeber für Auskünfte zur Verfügung zu stehen.

Interessenabwägung

Ob der Arbeitnehmer kontaktiert werden darf, ist durch Interessenabwägung zu klären. Überwiegen die Interessen des Arbeitgebers, ist der Arbeitnehmer zur Auskunft verpflichtet. Sind hingegen jene des Arbeitnehmers ausschlaggebend, hat der Arbeitgeber von der Kontaktaufnahme abzusehen. Als Grundregel gilt: Je größer der drohende Schaden für das Unternehmen ist, wenn bestimmte Informationen nicht erteilt werden, desto eher ist der Arbeitnehmer zur Auskunft verpflichtet. Im Rahmen der Interessenabwägung sind Faktoren wie das Ausmaß des Eingriffes, die Auswirkungen auf den Genesungsprozess, der drohende Schaden für das Unternehmen, die zeitliche Dringlichkeit, die Funktion und Seniorität des Arbeitnehmers, allfällige Verfehlungen des Arbeitnehmers (zB keine Abwesenheitsnotiz) bzw des Arbeitgebers (zB keine Vertretungsregelung) und die Gepflogenheiten im Unternehmen berücksichtigen. Der OGH stellt aber auch Anforderungen an Inhalt und Konkretisierung der Aufforderung bzw Auskunftsanfrage des Arbeitgebers.

Folgen bei Weigerung

Ist der Arbeitnehmer zur Auskunft verpflichtet, kann die Weigerung arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Die Konsequenzen können je nach Schweregrad von der Verwarnung bis hin zu einer Entlassung reichen. Um Streitfällen in der Praxis bestmöglich vorzubeugen, sollten Arbeitgeber Vorkehrungen treffen (zB Vertretungsregelungen, Verpflichtung zur Einrichtung einer Abwesenheitsnotiz, Verpflichtung zur elektronischen Aktführung) und diese klar an die Belegschaft kommunizieren. Für den Ernstfall sollten Arbeitgeber sich außerdem mit der richtigen Formulierung eines Auskunftsersuchens befassen.

Für weitere Informationen sowie zur Unterstützung bei der praktischen Ausgestaltung stehen wir gerne zur Verfügung.

Kontakt

Dr. Patricia Burgstaller │ patricia.burgstaller@bpr.at │ +43 1 532 85 80LinkedIn